Czernin

Nina Scholz
Heiko Heinisch

„... alles werden sich die Christen nicht gefallen lassen.“

Wiener Pfarrer und die Juden in der Zwischenkriegszeit

Im jahrhundertelangen Verhalten der katholischen Kirche gegenüber der Juden liegt ein Schlüssel zum Verständnis jenes Wiener Antisemitismus, wie er unter anderem in den progromartigen Ausschreitungen nach dem „Anschluss“ im März 1938 zutage trat. Die Autoren dieses Buches gehen deshalb der Frage nach, inwieweit der Pfarrklerus dazu beigetagen hat, dass der Antisemitismus bereits lange vor dem „Anschluss“ eine Art gesellschaftlicher Grundkonsens in der nichtjüdischen Bevölkerung gewesen ist.

Mit der Auswertung der Pfarrblätter von Wiener Pfarrgemeinden greifen Nina Scholz und Heiko Heinisch dabei erstmals auf Quellen zurück, die direkten Aufschluss über die Haltung der katholischen Geistlicher an der Basis geben. Antisemitismus kann, so das Ergebnis der vorliegenden Untersuchung, nicht als Haltung einzelner Pfarrer und Kapläne abgetan werden - er ist als Mainstream im katholischen Klerus der 20er und 30er Jahre anzusehen. So konnte etwa die 1939 im Widerstand gegründete katholische Jugendgruppe „Österreichische Front“ schreiben: „Wir sind naturgemäß Gegner des Bolschewismus, des Nationalsozialismus und lehnen das Judentum mit seinen Gesetzen und Elementen ab.“