Czernin

Lisa Spalt

Blüten

Ein Gebrauchsgegenstand

Mit „Blüten“ erweist sich Lisa Spalt erneut als eine der profiliertesten Schriftstellerinnen ihrer Generation. Kompromisslos poetisch schreibt die Autorin über Wert und Verwertung der Natur, über das Ansteckende der Schönheit und ihre bisweilen krankhaften Auswüchse am Beispiel der holländischen Tulpenmanie zu Beginn des 17. Jahrhunderts …

Plötzlich wurden Tulpenzwiebeln statt Aktien gehandelt, Laien riskierten an Tulpenbörsen, die in den Hinterzimmern von Wirtshäusern eingerichtet worden waren, ihr Hab und Gut. Diese historisch verbürgte Begebenheit bildet den Ausgangspunkt von Lisa Spalts literarischem Parforceritt durch die Kulturgeschichte. Ein Sprachexperiment, das in der Gegenwartsliteratur seinesgleichen sucht.

 

Leseprobe:

Das Grün des Tages, ertränkt im roten Rollkragen der Nacht; der graue Alltag ertränke im Anthrazit aller Nächte. Der grüne Stängel, indem er sich richtete, ersöffe im roten Becher.
Etwas erführe, wie es an der gefühlten Unendlichkeit der knapp bemessenen Luft enden müsste; Tropfen von aufgelösten Insekten an den Lippen – zum Beispiel von Blütenblättern.
Die nach Gras duftende Nachtluft, darin Kapillaren.
Es schliefe dieses einzige Wesen, mit dem man sich austauschen dürfte.
Man wäre schockiert oder durch einen jähen Tau auf den Kopf gestellt.