Czernin

Ingrid Brodnig

Der unsichtbare Mensch

Wie die Anonymität im Internet unsere Gesellschaft verändert

Von hasserfüllten Postings über Facebook bis hin zur Enthüllungsplattform Wikileaks: Die Anonymität ist zu einem zentralen Thema des 21. Jahrhunderts geworden. Wann ist die Geheimhaltung der eigenen Identität berechtigt und notwendig? Und wann wird sie als schützender Mantel missbraucht?

Seit jeher, in absoluten Systemen oder Krisenzeiten, kann Anonymität lebensnotwendig sein. Derzeit stellt uns der Balanceakt zwischen dem schützenswerten Recht auf Privatsphäre und dem Bedürfnis nach einem respektvollen Zusammenleben vor neue Herausforderungen. Gerade im Netz zeigt sich die Schattenseite der Namenlosigkeit, in Onlineforen wütet die anonyme Masse. Denn die scheinbare Unsichtbarkeit im Netz enthemmt virtuelle Diskussionen maßgeblich.

Ingrid Brodnig, netzpolitische Redakteurin in Wien, hat die Geschichte der Anonymität aufgearbeitet und erklärt, wie das Internet die Debatte nun zusätzlich anheizt. Sie liefert keine einfachen Antworten, sondern brauchbare Vorschläge, wie man sowohl Cyberaktivisten schützen als auch moderne Heckenschützen entwaffnen kann.

Mit einem Vorwort von Viktor Mayer-Schönberger, Oxford Internet Institut.

 

Leseprobe:

Anonymität – und das daraus resultierende Spiel mit der Identität – ist also nicht automatisch gut oder schlecht. Dieses Spiel kann einen befreien oder überwältigen. Vor allem aber, und das ist die wichtigste Erkenntnis, haben unsere Online-Handlungen Konsequenzen. Dass heutzutage viel mehr über Klarnamen und die Abschaffung der Anonymität geredet wird, liegt auch daran, dass diese Konsequenzen immer ernster genommen werden. Denn das Web ist kein Raum, der losgelöst vom Rest der physischen Welt existiert. Auch wenn das tatsächlich mancher Netzpionier postuliert hat.