Czernin

Petra Herczeg
Frederick Baker

Die beschämte Republik

10 Jahre nach Schwarz-Blau in Österreich

Am 4. Februar 2000 drängen sich tausende Menschen auf dem Heldenplatz, um gegen die Angelobung der neuen Regierung zu demonstrieren. An diesem Tag geht die Österreichische Volkspartei unter Wolfgang Schüssel eine Koalition ein, die die Ausgrenzung der FPÖ in der österreichischen Bundespolitik für beendet erklärt. Zehn Jahre danach zieht Die beschämte Republik Bilanz. Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Provenienz erinnern sich an das Jahr 2000 und fragen, welche nachhaltigen Folgen die Mitte-rechts-Regierung für Österreich hatte.

Die Koalition der ÖVP mit der FPÖ war ein Tabubruch mit Folgen, die bis heute spürbar sind und dem Rechtspopulismus in der österreichischen Gesellschaft zu neuer Legitimation verhalfen. In den ausländischen Medien wurde die österreichische Regierungsbildung durchwegs kritisch kommentiert, im Inland waren die Reaktionen geteilt. Einerseits gab es Donnerstagsdemonstrationen gegen die neue Regierung, die jedoch andererseits das erklärte Ziel hatte, Österreich „nachhaltig“ zu verändern. Aber war die sogenannte „Wende“ wirklich eine Wende? Mit Beiträgen von Mercedes Echerer, Allyson Fiddler, Michael Frank, Maximilian Gottschlich, Karin Goritschnigg, Josef Hader, Farid Hafez, Elfriede Jelinek, Florian Klenk, Katharina Krawagna-Pfeifer, Bernard-Henri Lévy, Robert Menasse, Eva Mückstein, Claus Philipp, Martin Pollack, Doron Rabinovici, Marlene Streeruwitz, Heidemarie Uhl, Armin Wolf, Peter Zawrel und Christa Zöchling.

 

Leseprobe:

Sich für etwas „schämen“ ist ein aktiver Akt. Und wer sich der Scham nicht stellt, der kann sich auch nicht mit der eigenen Geschichte auseinandersetzen. Die Regierungsmitglieder gingen im Jahr 2000 unterirdisch zu ihrer Angelobung, das Gesicht des damaligen Bundespräsidenten Thomas Klestil war versteinert – zwei Bilder einer beginnenden Etappe. Es erinnert ein wenig an das Märchen Das kalte Herz von Wilhelm Hauff (182-1827), in dem der junge Köhler Peter Munk dem Hölländermichel sein warmes Herz gegen Geld und Überfluss tauscht.