Czernin

Maximilian Gottschlich

Die große Abneigung. Wie antisemitisch ist Österreich?

Kritische Befunde zu einer sozialen Krankheit

Jeder zweite Österreicher glaubt, „dass die Juden die internationale Geschäftswelt beherrschen“ und jeder fünfte wünscht sich Politiker, „die ihre Stimme gegen den jüdischen Einfluss im Land“ erheben. Die Vitalität des Antisemitismus in Österreich ist ungebrochen, auch wenn sich sein öffentliches Erscheinungsbild in den vergangenen Jahren verändert hat.

Das Buch „Die große Abneigung“ folgt den antisemitischen Spuren von 1945 bis in die Gegenwart und rekonstruiert entscheidende Etappen der Entwicklung des antisemitischen Diskurses in der Zweiten Republik. Dabei stützt sich der Autor auf zahlreiche empirische Befunde sowohl der Umfrage- als auch der Medienforschung. Heute speist sich der moderne Antisemitismus aus dem Nahost-Konflikt und einer überbordenden Kritik an Israel.Aber wo verläuft die Grenze zwischen legitimer Kritik und antisemitischem Ressentiment? Und: Auf welcher Seite steht hier die Israel-Berichterstattung österreichischer Printmedien? Maximilian Gottschlich versucht Antwort auf diese und andere grundlegende Fragen zu geben und ein differenziertes Bild von Kontinuität und Wandel antisemitischer Vorurteile in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung Österreichs zu zeichnen. Sein Buch liefert nicht nur epidemiologische Befunde zur „sozialen Krankheit“ Antisemitismus, sondern ist zugleich ein engagiertes Plädoyer dafür, dem destruktiven Potenzial des Antisemitismus mehr Widerstand entgegenzusetzen als bisher. Wie antisemitisch ist die österreichische Bevölkerung heute – ein Vierteljahrhundert nach der Affäre Waldheim?

 

Leseprobe:

Antisemitismus ist kein Thema wie jedes andere. Wer es dazu macht, wird seinem ihm innewohnenden moralischen Imperativ nicht gerecht. In Wahrheit gibt es letztlich nur ein einziges tragendes Motiv, sich mit Antisemitismus zu beschäftigen: ihm Widerstand entgegenzusetzen. Ich fände es unerträglich, etwa unter dem fadenscheinigen Titel sogenannter wissenschaftlicher Objektivität, bloß unbeteiligter und indifferenter Chronist des antisemitischen Wahns zu sein.