Czernin

Jörg Kalt

Mögliche Filme

Gesammelte Texte

Seit 1991 schrieb Jörg Kalt für die Kulturzeitschrift “du” über noch nicht gedrehte, „mögliche“ Filme. Auch nach seinem Durchbruch als Regisseur verfasste er regelmäßig Kolumnen und Feuilletons, die nun posthum gesammelt erscheinen.

Geschuldet dem Alltag und seinen Zumutungen, weisen diese Texte doch immer über ihren konkreten Entstehungsanlass hinaus. Der Filmemacher Kalt schreibt über Filme, die ihm wichtig sind, ihn ärgern und solche, die es (noch) gar nicht gibt. Wie nebenher erschließen sich in der Lektüre dabei die Konturen seiner eigenen künstlerischen Arbeit. Kalt stiftet mit seinem Schreiben zum Weiterdenken an. Zu entdecken ist ein begabter Schriftsteller, der es verstand mit seinen Texten neue Möglichkeitsräume zu eröffnen.

 

Leseprobe:

Der gängigen Meinung nach ist das Leben kein Film. Nicht einmal, wie man vermuten möchte, ein schlechter. Und nicht einmal damals, als wir noch an das Gegenteil glaubten, bekamen wir, die Helden, die Fahnen- und Pickelträger der Pubertät, sie, die hübschen Mädel, sondern die, die Idioten, die andauernd einen Fußball unter den schon leicht bewaldeten Achselhöhlen herumtrugen und vor Kindergärten ihre frisierten Mofamotoren auf Touren brachten. In unserem Leben waren die Schnitte schlecht, die Pointen flach, und die weiblichen Hauptrollen unsere Mütter. Dramaturgische Höhepunkte waren selten, und wenn, dann nicht dramatisch, geschweige denn tragisch, sondern schlichtweg lächerlich.