Czernin

Anthony Grenville

Stimmen der Flucht

Österreichische Emigration nach Großbritannien ab 1938

Großbritannien nahm zwischen dem „Anschluss“ und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs über 30.000 vor den Nazis geflüchtete Österreicher auf – so viele wie sonst nur die Vereinigten Staaten. Ungefähr 90 Prozent dieser Menschen waren Juden. Großbritannien wurde dadurch zu einem der wichtigsten Länder für die österreichisch-jüdische Emigration.

Basierend auf berührenden Interviews hat Anthony Grenville nun zum ersten Mal das Leben österreichischer Flüchtlinge und die lebendige wienerische Kultur in Großbritannien dokumentiert. Jüdische Emigranten erzählen von Kindheit und Jugend in Österreich, von Anschluss und Verfolgung durch die Nazis, von Emigration nach und Aufnahme in Großbritannien, vom Erleben des Krieges und von den mannigfaltigen Aspekten der Integration in die britische Gesellschaft.

 

Leseprobe:

Die Familie von Gertrude Feitl bewohnte eine ähnlich enge Einzimmerwohnung in Ottakring; die Mutter musste in einem Lebensmittelgeschäft in der Brigittenau arbeiten. Aber die Lebensbedingungen in Wien waren immerhin weitaus besser als die primitiven Verhältnisse, die ihr Vater 1932 in Palästina vorfand;
»Als mein Vater die Verhältnisse sah, sagte er, ich kann meine Frau und meine zwei Kinder – damals hatten sie nur zwei Kinder, mich und meine ältere Schwester – nicht hierher bringen. Obgleich wir in Wien nicht reich waren, hatten wir einen Lebensunterhalt und ein Geschäft, also ist er nicht dort geblieben, er ist zurückgekehrt, und deshalb bin ich jetzt hier.«