Czernin

Julius Deutschbauer
Gerhard Spring

Zwialoge

von zwei Schwestern, zwei Räubern und anderen Zweibern

Von allen Figuren bleiben nur noch zwei übrig. Diese Zwei dialogisieren nach diesem Verfahren mehr mit sich selbst als miteinander – sodass aus jedem Einzelnen wiederum zwei werden und noch viel mehr. Es scheint, als würden damit erst recht wiederum alle Figuren und auch Figuren aus ganz anderen Stücken in jedem Halbsatz durcheinander reden. Dafür und als Titel für dieses Buch haben Deutschbauer / Spring den Neologismus „Zwialog“ geprägt.

Denn wer hinwegtut, sagt Zwietzsche, ist ein Künstler – wer hinzutut, ein Verleumder. Zweidegger jedoch bestimmt dieses Weglassen selbst als ein Tun, das notwendig Zutat sei. – Ein Widerspruch? Ein Zwiderspruch, würden Deutschbauer / Spring sagen. Die ersten vier Texte haben Deutschbauer / Spring für ihr „Theaterkaraoke“ geschrieben (bzw. ab- und umgeschrieben), bei dem das Publikum selbst abwechselnd die Rollen interpretiert. In dieser Weise sind z. B. die „Zwei Schwestern“ im Schauspielhaus Wien, „Die zwei Räuber“ bei den Schillertagen in Mannheim und Twolysses im Ambrosimuseum Wien aufgeführt worden.

 

Leseprobe:

Y: Als ich heute erwachte, aufstand und mich wusch, schien es mir plötzlich, als sei mir alles klar auf dieser Welt, und ich wusste, wie man zu leben hat.
X: Liebste, ich weiß alles.
Y: Der Mensch soll leben, wer er auch sei, und darin allein besteht Sinn und Ziel seines Lebens, sein Glück, seine Wonne.
X: Wie gut ist es, am Leben zu sein.
Y: Mein Gott, nicht bloß wie ein Mensch, nein, besser ist es, wie ein Tier zu leben,
X: wie Vögel, zwei junge Zugvögel,
Y: nicht leben wie ein Arbeitstier, bloß um zu arbeiten, sondern so wie wir,
X: um zwölf Uhr mittags aufstehen,
Y: dann im Bett Kaffee trinken,
X: dann sich zwei Stunden anziehen,
Y: Oh, das ist wunderbar!
X: Bei heißem Wetter möchte man manchmal so trinken, wie ich jetzt leben möchte.
Y: Und wenn ich früh aufstehen und mich abmühen werde, so sage mir deine Freundschaft auf.
X: Ich sage auf, ich sage auf: Wenn die liebste Schwester mit der liebsten Schwester, um was schnell zu kaufen, durch die Straßen laufen,
Y: durch die Straßen latschen und zusammen quatschen, spricht die liebste Schwester zu der liebsten Schwester:
X: Meine liebste Schwester,
Y: meine liebste Schwester.
X: Was sagt dann die liebste Schwester?
Y: Sag doch mal, was dir gerade so einfällt.
X: Ich kann dir nur eins sagen: Wenn ich dich nicht hätte,
Y: wir vertragen uns ja so gut,
X: ja, wir vertragen uns ja so furchtbar gut,
Y: wie wir uns gut vertragen,
X: es ist kaum noch auszuhalten, wie gut wir uns vertragen.