Czernin

Hubertus Czernin

Die Fälschung

Der Fall Bloch Bauer (und das Werk Gustav Klimts)

„Selbst wenn es Platz gäbe, glaube ich nicht, dass Österreich in seiner jetzigen Stimmung Juden noch einmal erlauben würden, diese Familienmonopole aufzubauen.“ Karl Renner, 1946

Die Geschichte von Ferdinand und Adele Bloch-Bauer ist eine Geschichte Wiens. Dieses Buch ist aber auch eine Geschichte der Verfolgung und Vertreibung: Minutiös wird die Entrechtung der Familie rekonstruiert, an deren Ende die Liquidierung des gesamten Vermögens des in die Schweiz geflüchteten Ferdinand Bloch-Bauer steht, einschließlich des Raubes der berühmten Kunstsammlung. Bald nach Kriegsende erklärte der erste Staatskanzler und erste Bundespräsident Karl Renner, in Wien solle es nie wieder „jüdische Familienmonopole“ geben. Auch deshalb endeten viele Rückstellungsfälle für die Vertriebenen des Dritten Reichs negativ. Kunstbürokratie und Museumsleiter wollten sich nicht mehr von jenen Schätzen trennen, die sie während der NS-Zeit aus jüdischen Sammlungen erbeutet hatten. Einzelne Kunsthistoriker gingen noch einen Schritt weiter, um Restitutionen zu verhindern: Sie fälschten gerade beim Werk Gustav Klimts die Provenienzen, um die Spuren der Vergangenheit zu verwischen.

 

Leseprobe:

Wenn Kunsthistoriker und Museumsleiter ernst nehmen wollen, was die zuständige Ministerin Elisabeth Gehrer 1998 verlangt hat, nämlich die Provenienzen des österreichischen Kunstschatzes so zu erforschen, dass dann die größten Zweifel beseitigt werden können, dann werden sie sich dieser Arbeit nicht länger entziehen können. Bisher funktioniert dies stets nach Dringlichkeiten, die durch die Veröffentlichung dritter heraufbeschworen werden. Nur dann wird geforscht, rückgestellt wird aber nicht, wie der Fall Bloch-Bauer zeigt, weil nicht sein darf, was Wahrheit ist.
Hubertus Czernin, 1999