Czernin

Ingrid Mitterecker
Christian Mitterecker

Fremde unter Fremden

Lebenswelten von Wiener Hauptschülern

Wenn eure Angst Teil unserer Angst wäre und unsere Fremdheit Teil eurer Fremdheit, nicht auszudenken, was für eine Wärme und Geborgenheit da entstehen könnte. Lassen wir unser Fremdsein zusammenwachsen. Die gemeinsame Angst hört manchmal auf. Josef Hader

Ägypten. Albanien. Bosnien-Herzegowina. Deutschland. Dominikanische Republik. Griechenland. Israel. Italien. Jugoslawien. Kroatien. Mazedonien. Österreich. Philippinen. Polen. Schweiz. Slowakei. Sudan. Türkei. Ukraine. Ungarn. USA. Das sind die Herkunftsländer der jungen Autorinnen und Autoren dieses Buches. Mehr als die Hälfte sind Kinder der Migration, für fast alle ist Wien, ist Österreich Heimat.

 

Leseprobe:

Angst Angst ist: nicht wissen, was da ist (Unwissenheit). --------------------------- 1997 Wie ich Bosnien besucht hatte. Meine Familie gesehen hatte. Die Leute gesehen. Das erste Mal, dass ich meine Oma gesehen habe. Die andere Oma hat mich nicht gesehen, weil sie schon gestorben ist. Mein Cousin hat mich auch nicht gesehen, auch mein Onkel. Und andere auch. Sie können es nicht verstehen, wie es ist, in eine fremde Stadt zu kommen. Niemanden kennen. Die Familien verlassen und meine Familie am Schluß nicht mehr sehen. Ich wünsche mir, dass der Krieg nie vorgekommen ist. Und dass er nicht mehr kommt. --------------------------- In den Kindergarten. Das 1. Mal in der Schule. Mein erster Geburtstag. Ich schreibe gerade. Mein Vater ist in Jugo. Ich will ein neues Zimmer. Ich will drei oder vier Kinder haben (Zwillinge). Ich will reich sein. Ich will keinen Tod. --------------------------- WEIL MIR ALLES FREMD IST Ich habe Angst, mein Leben weiterzumachen. Ich denke immer, ich bin für die anderen schlecht. Fremd zu sein ist nicht schlecht, es ist anders. --------------------------- Liebe ist etwas Schönes. Angst ist etwas Schreckliches. Heimat ist etwas Starkes. --------------------------- 1999 Der schlimmste Tag in meinem Leben war, als ich von meiner Mutter wegkam. Der wichtigste Tag war, als ich zu meinen Eltern zurückkehrte. 1999. Liebe ist toll und man braucht sie einfach. Heimat ist mein zu Hause, und ich möchte dort bleiben! --------------------------- ICH HABE ANGST Mein Feind ist die Angst. Sie ist unsichtbar, aber spürbar. Ich habe Angst. --------------------------- Liebe ist Verliebtheit: wen lieben und sein Herz brennen lassen. Angst ist also: wenn wer mit dir schlafen will und du willst nicht da bekommst du Angst. --------------------------- ICH VERLASSE DICH Ich erzähle etwas von den Qualen, die mir mein Leben antut. Es begann alles mit den Worten: