Czernin

Patrik Ouředník

Haus des Barfüßigen

Aus dem Tschechischen von Michael Stavaric

Durchsiebte Schädel, hämische Dämonen, koreanische Nasensammlungen, lungernde Büsche und blauer Kaffee; Bonaventura predigt, die Pest wütet, Schamanen schöpfen aus dem Göttlichen, und die Welt wird neu erschaffen. Patrik Ourednik bedient sich in seinen Gedichten der Geschichte und der Menschheit. Zwischen Untergang und leichtfüßiger Hoffnung, Scheitern und unerträglicher Beiläufigkeit packt er das Groteske dieser Welt in seine Texte.

Patrik Ourednik ist ein Chronist. Das hat er nicht erst mit seinem in 22 Sprachen übersetzten Bestseller Europeana bewiesen. Seine Gedichte greifen Alltägliches, Nebensächliches auf, sie dokumentieren radikal wie komisch die seltsamen, unerhörten Teile dieses Makrokosmos. Die Übersetzung des Schriftstellers Michael Stavaric schafft es dabei, die kraftvollen Worte Ouredniks so präzise und mit so viel Leichtigkeit in eine andere Sprache zu transportieren, dass man zu keiner Zeit das Gefühl hat, auch nur die kleinste Nuance des Originals zu verpassen.

 

Leseprobe:

Leser, sei auf der Hut! Iss nicht dieses Buch! Würde einer dieses Buch essen, dem würde das Gesicht anschwellen, die ganze Haut täte am Körper spannen, die Hornhaut scharlachrot und Pupillen weit und das Auge als solches plopp und weg. Würde einer dieses Buch essen, der würde alles schwarz und doppelt sehen, die Augen würden ihm Streiche spielen, sodass er meinen könnte, zwei wilde Männlein scharwitzeln zu seinen Füßen. Iss nicht dieses Buch! Der siebenjährige Martin H. stahl sich eines Tages in die Speiskammer, nahm Deckel um Deckel ab, bis er dieses Buch fand – und schon nahm er eine handvoll, um zu kosten! Und was passierte? Er wurde bleich, ganz unversehens legte er den Kopf ins Regal, rollte mit den Augen (in alle Richtungen), begann zu glotzen. Und schon war er hin!