Czernin

Petra Stuiber
Katharina Roßboth

Kopftuchfrauen

Ein Stück Stoff, das aufregt

Welche Frauen tragen Kopftuch und warum? Die Journalistin Petra Stuiber
hat mit zehn dieser Frauen gesprochen, die ihr Kopftuch aus religiösen, traditionellen oder ästhetischen Gründen tragen. In »Kopftuchfrauen« bekommen sie eine Stimme und ein Gesicht.

Als Symbol für die seit Jahren plakativ geführte Integrationsdebatte dient häufig das Kopftuch. Immer wieder werden angebliche und tatsächliche Probleme im Zusammenleben von Migrantinnen und »Inländern« über dieses Stück Stoff abgehandelt. Aber nicht nur Musliminen tragen Kopftuch, es kommt auch aus christlichen, traditionellen und ästhetischen Gründen – zum Beispiel nach einer Chemotherapie – zum Einsatz. Manch alte Bäuerin fühlt sich ohne Kopftuch genau so nackt wie eine Ordensschwester.

Und dennoch: Mittelalterliche Männer dominieren den Diskurs um die »Kopftuchmädchen«, welche »die Türken« angeblich am laufenden Band produzieren (Thilo Sarrazin) und die mit ihren »Bildungsdefiziten« eine ganze Volkswirtschaft in den Ruin treiben (Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky). Wenn überhaupt, kommen Frauen in diesem Diskurs nur reaktiv vor. Oft sind es dann nicht einmal jene Frauen, die selbst Kopftuch tragen.

Das Buch stellt Frauen vor, die Kopftuch tragen, zeigt, wie sie leben und wie sie denken – und versucht so, die Aufregung um ein kleines Stück Stoff ein wenig zu beruhigen.

 

Leseprobe:

Der eine sagte »Schau dir das an, schon wieder eine von diesen Schleiereulen – gibt schon viel zu viele hier.« Die andere zischelte im Vorbeigehen: »Immer diese Fetzenweiber.«
Was war geschehen? Nichts Besonderes, an sich. Renate Kaufmann hatte ein Kopftuch getragen, noch dazu mit Tuch vor dem Mund, um sich vor Ansteckungen zu schützen. Grund genug für zwei »ihrer« Bezirksbürger, welche die Politikerin nicht erkannten, eine vermeintlich Fremde, die wahrscheinlich kein Deutsch verstand, übel zu beschimpfen. »Und das schlimmste ist«, sagt Kaufmann und ihre Augen funkeln heute noch vor Zorn, »dass ich so baff war, dass ich nicht einmal etwas darauf gesagt habe.«