Czernin

Caroline Seidler
Anna Mirfattahi

Leben - Glauben - Feiern

Familiäre Feste der gelebten Religionen in Europa

Europa wächst nach innen. Menschen unterschiedlichster Kulturen begegnen einander im täglichen Leben. „Leben Glauben Feiern“ eröffnet den Dialog der Kulturen und liefert Spielregeln für faszinierende Lebensstile. Anhand der Schlüsselerlebnisse Geburt, Heiraten und Bestatten sowie der damit zusammenhängenden privaten Feste werden Einblicke in die gelebten Religionen Europas gewährt.

Die Begegnung mit der Beschneidung, der Myrasalbung, der Bar Mizwa, dem Salem-al-eikum, dem Begrüßungskuss unter Männern, der Firmung und der Konfirmation sowie unterschiedlichsten Hochzeitsritualen ist im Bekanntenkreis selbstverständlich geworden. Nach dem Motto „Wer sich befreunden will, muss sich erst einmal befremden lassen“ werden historische und kulturhistorische Hintergründe populär aufbereitet, Bräuche, Riten und Kleidungsvorschriften – von der Blume als Fauxpas über das unpassende „Grüß Gott“ bis hin zum Glas unter dem Schuh – erklärt. Ist Poltern gefragt? Tanzen erwünscht? Weinen gestattet? Vorgestellt werden knapp 20 Glaubensgemeinschaften und Kulturen, unter anderem Aleviten, Altkatholiken, Buddhisten, Hinduisten, Juden, Protestanten und Sunniten.

 

Leseprobe:

„He Omi, komm runter, geh in dein Grab – wir kommen.“ Meine fünfjährige Tochter winkt ihrer verstorbenen Großmutter den Weg aus dem Himmel zum Friedhof. Mit ernstem Blick in den Augen bei den Vorbereitungen zu einem Faschingsfest für Klassenkameraden macht mich mein Sohn aufmerksam: „Du weißt, Mami, nicht alle meine Freunde essen Schweinefleisch, nicht alle Mädchen dürfen zu mir kommen.“ Jahre später sind wir Gäste bei der Hochzeit einer Freundin. Den Ablauf der feierlichen Zeremonie in der Syna­goge studieren wir Tage zuvor genau. Und schließlich heiratet eine meiner besten Freundinnen einen Muslim, weswegen wir sie in Zukunft nur noch hinter dichter Verschleierung ahnen.
Ich habe meine Schulzeit in einer katholischen Privatschule verbracht, unter dem Glassturz sozusagen. Auffällig war, dass zu Beginn des Religionsunterrichts die wenigen „Andersgläubigen“ das Klassenzimmer verlassen durften – und eine Freistunde hatten!
Dass das Leben anderer anders ist, habe ich in vielerlei Hinsicht gelernt. Kulturellen Unterschieden gegenüber war ich immer besonders sensibel, was durch zahlreiche Auslandsaufenthalte verstärkt wurde. Somit war es nicht mehr weit bis zu der Idee, das nun vorliegende Buch herauszugeben.
Caroline Seidler

Mein Traum gleicht seinem gleicht deinem. Es ist ja gar nicht so leicht, das erwünschte Frühstück, die passende Bekleidung oder die richtige Schule zu finden. So oder so, hier oder dort – in einem anderen Land oder im Haus nebenan. Die „Basics“ sind sehr ähnlich und die Formen eine Art von Sprache, die erlernbar ist. Und eine Form der Form ist die Religion. Das Andere macht neugierig – Sprachen, Formen, Riten zu erkennen, zu kennen und sie sprechen zu können, ist spannend, einfach toll für die Phantasie. Es ist aufregend, einen Schritt weiter zu gehen.
Anna Mirfattahi