Czernin

Else Spiller

Slums

Erlebnisse in den Schlammvierteln moderner Großstädte

Die schweizer Journalistin Else Spiller (1881-1948) erkundete – aufgerüttelt durch den Anblick des Kinderelends in Wien und in Begleitung der Heilsarmee – die „Schlammviertel“ von Amsterdam, London, Paris, Köln, Dresden, Berlin, Hamburg und Kopenhagen, tief ergriffen von den dort herrschenden Zuständen.

Die im Jahr 1911 in Buchform veröffentlichten Eindrücke dieser Reisen sind ein spannendes Dokument zum Großstadtdiskurs der vorvorigen Jahrhundertwende, zur heftig diskutierten sozialen Frage und deren politischen Lösungsversuchen. Mit dem englischen Titel „Slums“ nahm Else Spiller einen Begriff auf, der in der Folge auch im deutschen Sprachraum zum Synonym für die Elendsviertel moderner Großstädte werden sollte. Der Wiener Historiker und Stadtforscher Peter Payer gibt das vergessene Großstadtdokument neu heraus, ergänzt um ein Nachwort, das die Verdienste dieser frühen Stadtforscherin würdigt, die auch in späteren Jahren als Initiatorin von Soldaten und Arbeiterstueben und Gründerin des „Schweizer Verbandes Volksdienst“ ihr soziales Engegagement bewahrte.

 

Leseprobe:

Grossstadtleben! Bei diesem Worte denken sich die meisten Menschen lichterfüllte Strassen, schöne Theater, geputzte Menschen, Genuss und Lebensfreude. Auch ich träumte einst nur von herrlichen Museen und Sammlungen, welche die Weltstädte uns bieten. Aber es kam ein Tag, da erwachte ich und sah neben dem Glanz, neben der Üppigkeit bittere Not, neben eleganten Herrschaften armselige Gestalten, und indem ich dem trüben Sorgenstrom nachging, sah ich immer tiefere Abgründe, Sünde und Schuld!