Czernin

Walther Rode
Alfred J. Noll (Hg.)

Wien und die Republik

und andere aufmerksame Beobachtungen

Der Wiener Rechtsanwalt, Journalist und Schriftsteller Walther Rode (1876 bis 1934) war eine schillernde und unbeugsame Persönlichkeit. Wie kaum ein anderer Österreicher hat er die Zeichen seiner Zeit erkannt und die schriftstellerischen Konsequenzen daraus gezogen. Viele seiner Ansichten, Einsichten und Aussichten sind auch aus heutiger Sicht höchst aktuell.

Rodes wortgewaltige Schriften wurden von den Nationalsozialisten verbrannt, heute ist er fast vergessen. Gänzlich unbekannt ist Walther Rode als Geograf des Wienerischen. Die vorliegende Sammlung gibt einen repräsentativen Ausschnitt aus seinen scharfsinnigen Beobachtung, treffenden Analysen und originellen Geschichten zu Wien. Das Buch wurde herausgegeben und mit einem Anhang versehen von Alfred J. Noll.

 

Leseprobe:

Am 15. Juli 1927 hat sichs am Schmerlingplatz zu Wien wieder einmal herausgestellt, dass die Trägheit der Maschinerie eingealterter öffentlicher Gewalten über die Emsigkeit einer plötzlichen und dilettantischen Überrumpelung den Sieg davontragen muß. Für die Feinde jeder irdischen Gerichtsbarkeit hat sichs außerdem herausgestellt, dass der Sturm auf den Wiener Justizpalast kaum mehr als symbolische Bedeutung hatte. Justizpaläste sind noch nicht reif zum Sturm. Soeben erst eingeäschert an beherrschender Stelle der Stadt, etablieren sie sich sofort wieder in einer Nebengasse. Mit Benzin ist der Justiz nicht beizukommen.